Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens
Wenn bei Ihnen eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit vorliegt und Sie nicht selbstständig unternehmerisch tätig sind, können Sie die Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens beantragen.
Beschreibung
Viele Menschen haben Schulden. Zum ernsten Problem werden Schulden, wenn sie weder mit eigenen Einkünften noch dem Vermögen abgetragen werden können. Dies hat gravierende Folgen:
Gläubigerinnen und Gläubiger erhalten kaum noch oder überhaupt kein Geld mehr. Schuldnerinnen und Schuldnern wird dagegen zumeist alles an Einkünften oder Vermögen genommen, was über ihr Existenzminimum hinausgeht. Sie erleiden einen wirtschaftlichen Abstieg, leben in bescheidenen Verhältnissen und haben meist keine Aussicht auf bessere Zeiten.
Spitzt sich die finanzielle Situation eines Haushaltes zu, ist es wichtig, bereits frühzeitig (ggfls. mithilfe Dritter, z.B. einer Schuldnerberatungsstelle) auf die Gläubigerinnen und Gläubiger zuzugehen und gemeinsam mit diesen nach Lösungen zu suchen, z. B. durch die Vereinbarung von Ratenzahlungen. Dadurch kann es gelingen, einen finanziellen Zusammenbruch noch abzuwenden. Ist dies nicht mehr möglich, so soll das Verbraucherinsolvenzverfahren helfen.
Dieses Insolvenzverfahren dient dazu, im Falle Ihrer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit Ihr vorhandenes (pfändungsfreies) Vermögen zu verwerten und den Erlös gleichmäßig an Ihre Gläubigerinnen und Gläubiger zu verteilen.
Mit der Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens haben Sie die Möglichkeit, einen Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen und (wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind) von den bestehenden Verbindlichkeiten befreit zu werden.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren gilt für alle natürlichen Personen,
- die (aktuell) keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder (in der Vergangenheit) ausgeübt haben,
- die zwar in der Vergangenheit eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben, deren Vermögensverhältnisse aber überschaubar sind und gegen die keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.
- Als überschaubar gelten Ihre Vermögensverhältnisse nur, wenn Sie zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als 20 Gläubiger haben.
- Forderungen aus Arbeitsverhältnissen sind insbesondere Forderungen der Finanzverwaltung aus Lohnsteuer sowie Forderungen von Sozialversicherungsträgern für Beiträge von Ihren ehemaligen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern.
Für alle anderen natürlichen Personen ist das so genannte Unternehmensinsolvenzverfahren die richtige Verfahrensart (Lesen sie hierzu mehr unter „Durchführung eines Regelinsolvenzverfahren über ein (früheres) Unternehmen“. Auch dort besteht die Möglichkeit der Restschuldbefreiung.
Voraussetzung für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens ist das Vorliegen des Insolvenzgrundes der eingetretenen oder der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Es muss eine Situation entstanden sein, in der Sie gegenwärtig oder in absehbarer Zukunft nicht mehr in der Lage sind, die fälligen Zahlungspflichten pünktlich und vollständig zu erfüllen.
Außergerichtlicher Einigungsversuch
Als insolvente(r) Verbraucher(in) können Sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen nur beantragen, wenn Sie zuvor einen ernsthaften Versuch unternommen haben, sich mit ihren Gläubigerinnen und Gläubigern über die Schuldenbereinigung außergerichtlich zu einigen. Dies ist zwingende Voraussetzung für das gerichtliche Verfahren und bei der Antragstellung nachzuweisen.
Dem Einigungsversuch muss ein geordneter Plan zugrunde liegen. Es reicht nicht aus, wenn Sie nur allgemein bei den Gläubigerinnen und Gläubigern anfragen, ob diese bereit sind, sich mit Ihnen gütlich zu einigen.
Sie müssen Ihren Gläubigerinnen und Gläubigern einen Vorschlag unterbreiten, wie Sie Ihre Schulden angemessen bereinigen möchten. In der Regel können Sie hierzu einen Zahlungsplan aufstellen, in dem Sie feste Raten und genaue Zahlungstermine nennen, die an die Stelle der ursprünglich geschuldeten Zahlungen und der hierfür geltenden Termine treten sollen.
Ein ernsthafter Einigungsversuch erfordert auch, dass Sie Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen. Die Gläubigerinnen und Gläubiger müssen anhand der Angaben beurteilen können, ob die vorgeschlagene Abänderung der Zahlungsverpflichtungen erforderlich ist und ob sie Ihren finanziellen Möglichkeiten entspricht.
Eröffnungsantrag
Scheitert die außergerichtliche Einigung trotz ernsthaften Bemühens, so können Sie beim Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen.
Wichtig: Sie müssen zusammen mit dem Insolvenzantrag eine Bescheinigung einer geeigneten Stelle über das Scheitern Ihres außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuches einreichen.
Geeignete Personen , die eine Bescheinigung über den außergerichtlichen Einigungsversuch ausstellen dürfen, sind u.a.
- die Angehörigen der rechtsberatenden Berufe (Rechtsanwältinnen / Rechtsanwälte oder Notarinnen / Notare) sowie
- Ob eine Stelle „geeignet“ im Sinne des § 305 abs. 1 Nr. 1 InsO ist, richtet sich in Niedersachsen nach dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung (Nds. AGInsO). Zur zuständigen Behörde für die Durchführung des Nds. AGInsO – insbesondere Anerkennung der geeigneten Stellen und Abrechnung der Vergütung mit diesen – wurde in Niedersachsen das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, Team 3SL1, Domhof 1, 31134 Hildesheim bestimmt.
Vergewissern Sie sich frühzeitig (am besten bevor Sie ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchführen), ob die Organisation, an die Sie sich gewendet haben, entsprechend von der Bezirksregierung Düsseldorf anerkannt worden ist. Zudem ist es sehr sinnvoll, dass Sie vor der Durchführung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens die Abwicklungsmodalitäten (Wer soll den Schuldenbereinigungsplan versenden? Genügt der Inhalt des Schuldenbereinigungsplans?) mit dieser Organisation abstimmen, damit Sie nach diesem Verfahren auch die benötigte Bescheinigung erhalten.
Zuständigkeit
Das örtlich zuständige Insolvenzgericht.
Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.
Das zuständige Gericht finden Sie hier.
Ansprechpartner
Für Kreis Harburg (Niedersachsen) wurden leider keine Ansprechpartner gefunden. Bitte schauen Sie in der obigen Leistungsbeschreibung nach Hinweisen wie Sie den zuständigen Ansprechpartner finden können.
erforderliche Unterlagen
- Vollständig und ordnungsgemäß ausgefülltes und unterschriebenes amtliches Antragsformular für das Verbraucherinsolvenzverfahren inklusive der bereit gestellten Anlagen (u.a. Vermögensverzeichnis, Vermögensübersicht, Gläubiger- und Forderungsverzeichnis),
- Bescheinigung einer berechtigten Stelle über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs,
- gegegebenfalls Antrag auf Durchführung des Restschuldbefreiungsverfahrens inklusive der notwendigen Abtretungserklärung,
- gegebenfalls Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenstundung.
Voraussetzungen
- Sie sind Verbraucher/in, also entweder
- Sie üben aktuell keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit aus oder haben in der Vergangenheit keine solche ausgeübt oder
- Sie haben zwar in der Vergangenheit eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, Ihre Vermögensverhältnisse sind aber überschaubar und es bestehen keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen gegen Sie,
- Eröffnungsgrund liegt vor
- Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)
- drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO),
- Bescheinigung einer berechtigten Stelle über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs.
Rechtsgrundlage(n)
Rechtsbehelf
Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht gemäß § 34 Abs. 1 InsO dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 InsO erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht gemäß § 34 Abs. 2 InsO dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die gerichtliche Aufforderung zur Ergänzung der vom Schuldner in der Verbraucherinsolvenz vorzulegenden Antragsunterlagen (§ 305 Abs. 3 InsO) ist unanfechtbar.
Verfahrensablauf
- Laden Sie die Antragsformulare im Niedersächsischen Landesjustizportal herunter und drucken Sie sie aus.
- Füllen Sie die Vordrucke bei Bedarf zusammen mit einer geeigneten Person (z.B. Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt) oder einer geeigneten Stelle (Schuldnerberatung) aus und fügen Sie die notwendigen Nachweise bei.
- Reichen Sie den Antrag zusammen mit den weiteren Unterlagen beim Insolvenzgericht ein.
Das gerichtliche Verbraucherinsolvenzverfahren durchläuft in der Regel nacheinander folgende Abschnitte:
- Zunächst prüft das Insolvenzgericht Ihre eingereichten Unterlagen. Beanstandungen teilt Ihnen das Insolvenzgericht schriftlich mit. Sie müssen dann innerhalb eines Monats die Beanstandung(en) beheben. Machen Sie dies nicht fristgerecht (entscheidend ist der Eingang beim Insolvenzgericht), so gilt Ihr Antrag als zurückgenommen.
- Hat die Prüfung des Insolvenzgerichts ergeben, dass Ihr Antrag ordnungsgemäß ist, so entscheidet es im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände, ob die Durchführung eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens sinnvoll ist.
- Ist auch das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren gescheitert oder entscheidet sich das Insolvenzgericht gegen die Durchführung eines solchen Verfahrens, so eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über Ihr Vermögen, sofern eine Finanzierung des Verfahrens durch die zukünftige Insolvenzmasse voraussichtlich gedeckt oder aufgrund einer Verfahrenskostenstundung gesichert ist. Zudem bestellt das Insolvenzgericht eine Insolvenzverwalterin oder einen Insolvenzverwalter.
- Die Insolvenzverwalterin bzw. der Insolvenzverwalter hat die Aufgabe, Ihr (pfändungsfreies) Vermögen zu verwerten. Ist das Vermögen verwertet, wird das Insolvenzverfahren aufgehoben.
- Sofern Sie einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt haben: Im Anschluss an die Aufhebung des Insolvenzverfahrens beginnt die Wohlverhaltensperiode. Diese endet grundsätzlich mit dem Ende der 3-jährigen (bzw. in einem erneuten Verfahren 5-jährigen) Abtretungsfrist.
- Das Gericht bestimmt für die Dauer der Wohlverhaltensperiode eine Treuhänderin bzw. einen Treuhänder. Während der Wohlverhaltensperiode müssen Sie bestimmte Obliegenheiten erfüllen, z. B. eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben.
Fristen
Der Insolvenzantrag muss spätestens sechs Monate nach dem (bescheinigten) Scheitern des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens beim Insolvenzgericht eingehen.
Bearbeitungsdauer
Zunächst prüft das Insolvenzgericht Ihre eingereichten Unterlagen. Beanstandungen teilt Ihnen das Insolvenzgericht schriftlich mit. Sie müssen dann innerhalb eines Monats die Beanstandung(en) beheben. Erledigen Sie dies nicht fristgerecht (entscheidend ist der Eingang beim Insolvenzgericht), so gilt Ihr Antrag als zurückgenommen.
Kosten
Für das Verfahren über den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällt eine 0,5 Gebühr nach Nr. 2310 KV GKG an. Maßgeblich für die Berechnung des konkret anfallenden Betrags ist der Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens.
Bemerkungen
Beabsichtigen Sie, eine Schuldenregulierung mit Hilfe eines Insolvenzplans durchzuführen (Mehr hierzu bei „Insolvenzplan als Sanierungsinstrument“), so sollten Sie dies bereits im Antrag unter Angabe der Grundzüge des Plans mitteilen.
Mit der Ausarbeitung der Einzelheiten des Insolvenzplans sollten Sie so früh wie möglich beginnen. Sie sollten dabei den Rat und die Hilfe von Fachleuten mit besonderen Kenntnissen im Insolvenzrecht suchen.
Gültigkeitsgebiet
Niedersachsen
Fachliche Freigabe
Fachlich freigegeben am 01.11.2021