Eintragung in die Handwerksrolle auf der Grundlage einer Ausnahmebewilligung oder Gleichwertigkeitsfeststellung
Beschreibung
Die Handwerksrolle ist ein Register, in das sich alle
- natürlichen und
- juristischen Personen sowie
- rechtsfähigen Personengesellschaften
eintragen müssen, die ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe betreiben. Nicht zum stehenden Gewerbe zählen das Reisegewerbe sowie der Marktverkehr. Eine vollständige Liste der zulassungspflichtigen Handwerke finden Sie in der Anlage A zur Handwerksordnung (HwO). Das Handwerk muss nicht als Ganzes ausgeübt werden. Es können auch wesentliche (Teil-) Tätigkeiten ausgeübt werden. Umgekehrt ist es denkbar, dass mehrere Handwerke oder wesentliche Tätigkeiten mehrerer Handwerke ausgeübt werden sollen. Dann muss im Regelfall jedes dieser zulassungspflichtigen Handwerke in die Handwerksrolle eingetragen werden.
Des Weiteren wird die Betriebsleitung in die Handwerksrolle eingetragen, der die fachlich-technische Leitung des Handwerksbetriebs obliegt und die über die erforderliche Berufsqualifikation zur Ausübung des zulassungspflichtigen Handwerks verfügt. Als Betriebsleiter*innen kommen sowohl die Inhaber*innen von Handwerksbetrieben als auch angestellte Personen in Betracht. Der Qualifikationsnachweis kann über eine Ausnahmebewilligung oder Gleichwertigkeitsfeststellung erfolgen. Ihre Erteilung erfolgt jeweils in einem von der Eintragung getrennten und ihr vorgelagerten Verfahren. Hierzu ist folgendes anzumerken:
a. Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO
Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gem. § 8 HwO kommt in Betracht, wenn in der Person des Antragstellers oder der Antragstellerin ein Ausnahmegrund gegeben ist und ein Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zur Ausübung des angestrebten zulassungspflichtigen Handwerks besteht.
b. Ausnahmebewilligung nach 9 Abs. 1 HwO i.V.m. EU/EWR Handwerk-Verordnung (EU/EWR HwV)
Für Staatsangehörige der Europäischen Union (EU), des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Schweiz bestehen auf internationaler Grundlage besondere Regelungen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen. Sie sind in der EU/EWR-Handwerk-Verordnung enthalten, die auf Grundlage von § 9 Abs. 1 HwO erlassen wurde.
c. Gleichwertigkeitsfeststellung nach § 50b HwO
Im Rahmen des Verfahrens nach § 50b HwO besteht die Möglichkeit, die Gleichwertigkeit einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation mit einer inländischen Meisterqualifikation im zulassungspflichtigen Handwerk feststellen zu lassen. Es handelt sich um eine besondere Regelung im Handwerksrecht, die gegenüber den Regelungen des Gesetzes über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen (BQFG) vorrangig ist.
Ansprechpartner
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erforderliche Unterlagen
1. Bei Einzelunternehmen:
- Kopie des Personalausweises oder eines vergleichbaren Identifikationspapiers
- Vorlage des Bescheids über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung oder die Feststellung der Gleichwertigkeit eines im Ausland erworbenen Ausbildungsnachweises
- Kopie der Gewerbeanmeldung (kann nach Eintragung in die Handwerksrolle nachgereicht werden)
2. Bei Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (GbR):
- Kopien des Personalausweises oder eines vergleichbaren Identifikationspapiers der Gesellschafter*innen oder vertretungsberechtigten Personen
- Kopie des Gesellschaftsvertrages (sofern nicht formlos geschlossen)
- Vorlage des Bescheids über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung oder die Feststellung der Gleichwertigkeit eines im Ausland erworbenen Ausbildungsnachweises
- Kopie der Gewerbeanmeldung (kann nach Eintragung in die Handwerksrolle nachgereicht werden)
3. Bei rechtsfähigen Personenhandelsgesellschaften, also der Offenen Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG) und entsprechenden ausländischen Gesellschaftsformen:
- Kopien des Personalausweises oder eines vergleichbaren Identifikationspapiers der Gesellschafter*innen beziehungsweise vertretungsberechtigten Personen
- für den Nachweis zur unternehmerischen Rechtsform:
- bei Unternehmenssitz in Deutschland:
- bei im Handelsregister eingetragenen Gesellschaften: Registerauszug, bei der OHG zusätzlich eine Kopie des Gesellschaftsvertrages
- sofern keine Registereintragung erfolgt ist: Kopie des Gesellschaftsvertrages
- bei ausländischen Rechtsformen:
- Registerauszug des zuständigen ausländischen Registers bei in Registern eingetragenen Gesellschaften, ansonsten
- Kopie des Gesellschaftsvertrages
- bei Unternehmenssitz in Deutschland:
- Vorlage des Bescheids über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung oder die Feststellung der Gleichwertigkeit eines im Ausland erworbenen Ausbildungsnachweises
- Kopie der Gewerbeanmeldung (kann nach Eintragung in die Handwerksrolle nachgereicht werden)
4. Bei juristischen Personen (Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) bzw. UG (haftungsbeschränkt), Aktiengesellschaft (AG), eingetragene Genossenschaft (eG)):
- Kopien des Personalausweises oder eines vergleichbaren Identifikationspapiers der vertretungsberechtigten Personen
- für den Nachweis zur unternehmerischen Rechtsform:
- bei Unternehmenssitz in Deutschland: Registerauszug des Handels- oder Genossenschaftsregisters
- bei ausländischen Rechtsformen: Registerauszug des zuständigen ausländischen Registers
- Kopie der Gewerbeanmeldung (kann nach Eintragung in die Handwerksrolle nachgereicht werden)
- Angaben zur Betriebsleitung: siehe 5.
5. Bei Anstellung eines Betriebsleiters oder einer Betriebsleiterin sind zusätzlich die folgenden Unterlagen einzureichen:
- Betriebsleitererklärung
- Nachweis über die Betriebsleitertätigkeit (Kopie des Arbeitsvertrages)
- Nachweis über Sozialversicherung der Betriebsleitung
- Vorlage des Bescheids über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung oder die Feststellung der Gleichwertigkeit eines im Ausland erworbenen Ausbildungsnachweises
Formulare
- Formulare: Anträge auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung, Gleichwertigkeitsfeststellung und Eintragung in die Handwerksrolle Ihrer zuständigen Handwerkskammer
- Schriftform erforderlich: ja
- Persönliches Erscheinen nötig: Im Regelfall nicht. Ein persönliches Erscheinen kann erforderlich sein, wenn die Ablegung einer Eignungsprüfung oder die Teilnahme an einem Anpassungslehrgang bzw. eine Überprüfung von Kenntnissen und Fertigkeiten erforderlich ist.
Voraussetzungen
a. Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO
Eine Ausnahmebewilligung gem. § 8 HwO kann erteilt werden, wenn ein Ausnahmegrund gegeben ist und ein Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zur Ausübung des angestrebten zulassungspflichtigen Handwerks besteht. Als Ausnahmegründe sind unter anderem familiäre Gründe, fortgeschrittenes Alter oder eine besondere Gelegenheit zur Betriebsübernahme anerkannt, wobei jeweils auf den konkreten Einzelfall abzustellen ist. Neben einem Ausnahmegrund muss zudem der Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten erbracht werden, die zur Führung eines Handwerksbetriebs im zulassungspflichtigen Handwerk erforderlich sind. Die meistergleiche Befähigung ist in fachpraktischer und fachtheoretischer Hinsicht nachzuweisen.
b. Ausnahmebewilligung nach 9 Abs. 1 HwO i.V.m. EU/EWR Handwerk-Verordnung (EU/EWR HwV)
Bei Staatsangehörigen der EU, des EWR und der Schweiz kommt auf Grundlage der in der EU/EWR Handwerk-Verordnung (EU/EWR HwV) geregelten Voraussetzungen eine Anerkennung von in der EU, dem EWR oder der Schweiz erworbenen Berufsqualifikationen in Betracht, wobei sowohl Ausbildungs- und Befähigungsnachweise als auch praktische Berufserfahrung anerkannt werden können, letzteres allerdings nicht im Bereich der Gesundheitshandwerke (Augenoptiker, Hörakustiker, Orthopädietechniker, Orthopädieschuhmacher, Zahntechniker).
c. Gleichwertigkeitsfeststellung nach § 50b HwO
Nach § 50b HwO besteht die Möglichkeit, die Gleichwertigkeit einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation mit einer inländischen Meisterqualifikation im zulassungspflichtigen Handwerk feststellen zu lassen. Im Verfahren wird geprüft, ob der im Ausland erworbene Ausbildungsnachweis - unter Berücksichtigung sonstiger Befähigungsnachweise - der inländischen Meisterprüfung in dem angestrebten Handwerk gleichwertig ist. Gegebenenfalls können die Kenntnisse und Fertigkeiten des Antragstellers oder der Antragstellerin durch geeignete Verfahren wie Arbeitsproben, Fachgespräche sowie praktische und theoretische Prüfungen verifiziert werden. Sind die nachgewiesenen Berufsqualifikationen nicht gleichwertig, so kommt die Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder das Ablegen einer Eignungsprüfung in Betracht, um die festgestellten Defizite zu kompensieren.
Rechtsgrundlage(n)
§§ 6 I, 7 III, 8, 9, 50b Handwerksordnung (HwO)
https://www.gesetze-im-internet.de/hwo/
Verfahrensablauf
Die Anträge auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung oder Gleichwertigkeitsfeststellung sowie auf Eintragung in die Handwerksrolle müssen Sie schriftlich oder elektronisch per Onlineverfahren bei Ihrer örtlich zuständigen Handwerkskammer stellen. Die Online-Antragstellung wird auch über Verwaltungsportale angeboten. Im Einzelnen ergeben sich folgende Verfahrensschritte:
1. Antragstellung
- Gehen Sie auf die Internetseite Ihrer örtlich zuständigen Handwerkskammer und laden Sie die Antragsformulare zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung bzw. Gleichwertigkeitsfeststellung sowie zur Eintragung in die Handwerksrolle herunter. Gerne können Sie sich auch direkt an Ihre Handwerkskammer wenden und die erforderlichen Unterlagen zusenden lassen.
- Füllen Sie die Formulare vollständig aus und senden Sie sie zusammen mit den erforderlichen Unterlagen an Ihre zuständige Handwerkskammer.
2. Durchführung des Verwaltungsverfahrens
a. Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO
Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO
Im Verfahren auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung wird geprüft, ob folgende Kriterien erfüllt sind:
- Vorliegen eines Ausnahmegrundes (Grund, weshalb das Ablegen einer Meisterprüfung als unbillige Härte erscheint, so etwa familiäre Gründe, fortgeschrittenes Alter oder eine besondere Gelegenheit zur Betriebsübernahme)
- Nachweis der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten (der Umfang des Nachweises hängt von der Vorqualifikation und davon ab, ob die Ausnahmebewilligung für das gesamte Handwerk beantragt wird oder nur für einen Teilbereich).
b. Ausnahmebewilligung nach 9 Abs. 1 HwO i.V.m. EU/EWR Handwerk-Verordnung (EU/EWR HwV)
Im Verfahren auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung wird geprüft, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, die sich im Einzelnen danach unterscheiden, ob eine Anerkennung von Berufserfahrung oder von Ausbildungs- und Befähigungsnachweisen angestrebt wird. Liegen die Voraussetzungen im Einzelfall vor, so ist die Ausnahmebewilligung zu erteilen. Weichen die Ausbildungsinhalte bei Berufsqualifikationen von den im Inland geforderten ab oder umfasst der Beruf im Herkunftsstaat nicht wesentliche Tätigkeiten, die im Inland Gegenstand des Berufs sind, kann nach Wahl des Antragstellers oder der Antragstellerin die Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder das Ablegen einer Eignungsprüfung auferlegt werden.
c. Gleichwertigkeitsfeststellung nach § 50b HwO
Im Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit wird geprüft, ob folgende Kriterien erfüllt sind:
- die Antragstellerin oder der Antragsteller hat im Ausland einen Ausbildungsnachweis erworben;
- dieser Ausbildungsnachweis ist - gegebenenfalls unter Berücksichtigung sonstiger Befähigungsnachweise - der Meisterprüfung in dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk gleichwertig.
- In Zweifelsfällen können die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen einer Qualifikationsanalyse festgestellt werden (z.B. Arbeitsproben, Fachgespräche sowie praktische und theoretische Prüfungen).
3. Entscheidung über Antrag
a. Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO
Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, wird Ihnen eine Ausnahmebewilligung erteilt. Auf dieser Grundlage kann sodann die Eintragung in die Handwerksrolle erfolgen. Die Ausnahmebewilligung kann unbefristet oder befristet erteilt werden. Eine Befristung erfolgt insbesondere dann, wenn mit der Erteilung die Auflage verbunden wird, innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Meisterprüfung abzulegen.
b. Ausnahmebewilligung nach 9 Abs. 1 HwO i.V.m. EU/EWR Handwerk-Verordnung (EU/EWR HwV)
Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, wird Ihnen eine Ausnahmebewilligung erteilt. Auf dieser Grundlage kann sodann die Eintragung in die Handwerksrolle erfolgen. Wenn wesentliche Unterschiede festgestellt werden, kommt die Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder das Ablegen einer Eignungsprüfung in Betracht.
c. Gleichwertigkeitsfeststellung nach § 50b HwO
Über die Feststellung der Gleichwertigkeit wird ebenfalls ein Bescheid erlassen. Sofern die Gleichwertigkeit der nachgewiesenen Berufsqualifikation der Antragstellerin oder des Antragstellers wegen wesentlicher Unterschiede zu der entsprechenden Meisterprüfung nicht festgestellt werden konnte, besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Anpassungslehrgang, der Gegenstand einer Bewertung ist, oder zum Ablegen einer Eignungsprüfung.
d. Handwerksrolleneintragung
Auf Grundlage einer erteilten Ausnahmebewilligung oder Gleichwertigkeitsfeststellung kann die Handwerksrolleneintragung vorgenommen werden.
4. Handwerkskarte
Gemeinsam mit dem Bescheid über die Eintragung erhält der Betrieb die sog. Handwerkskarte (§ 10 Abs. 2 HwO).
5. Onlineverfahren
Verschiedene Verwaltungsportale der Länder sehen eine Online-Antragstellung vor. Zudem bieten die Handwerkskammern einen Online-Zugang zu ihren Verwaltungsverfahren.
Fristen
Bearbeitungsdauer
Kosten
Weitere Informationen
Gültigkeitsgebiet
Nordrhein-Westfalen
Fachliche Freigabe
Fachlich freigegeben durch Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen am 04.07.2022